Geburtsbericht Teil 4 - #Intensivstation

by - Mai 23, 2018

Das erste Foto von Leonie. Meine Mutter hat es gemacht und mir schnellstmöglich gezeigt

Ich werde wach. Meine Augen gehen nur schwer auf. Es ist hell in dem Raum und jemand fragt mich "Wie geht es Ihnen?". Ich nuschele "Ich bin noch nicht richtig wach." Und das war ich auch nicht. Ich war ziemlich müde, hatte jedoch keine spürbaren Schmerzen irgendwo. Das hatte ich anders erwartet ehrlich gesagt.

Ich weiß schon gar nicht mehr wie spät es war als ich aufgewacht bin, aber ich weiß, dass ich irgendwann auf die Uhr sah und wusste, dass mein Mann gegen Mittag eintreffen musste und ich war sehr froh darüber. Ich erinnere mich auch nicht mehr daran, wann meine Mutter mir das erste Foto unserer Tochter gezeigt hat oder wann meine Eltern mich zusammen besuchen kamen.

Ich hatte etwas Halsschmerzen von der Intubation und war dermaßen heiser, dass ich wirklich kaum sprechen konnte. Insgesamt war ich müde und schwach, war aber einfach nur froh, dass es Leonie offenbar gut ging, auch, wenn sie auf der Kinderstation zur Überwachung lag. Zudem konnte sie sowieso nicht zu mir, da ich ja auf der Intensivstation lag. Zur Überwachung. Und körperlich ging es mir so schlecht, dass ich mich auch nicht um sie hätte kümmern können.

Als ich irgendwann einigermaßen wach war, sah ich, dass ich ziemliche Wassereinlagerungen in den Armen und Händen hatte. Ich fasste mir ins Gesicht. Das fühlte sich nicht gerade gut an. Als mein Mann zu mir kam, sich neben mir ans Bett setzte und meine Hand hielt, sagte ich "Ich seh' bestimmt total schlimm aus." Sein Mund verzog sich zu einem kleinen Lächeln, er schüttelte den Kopf und sagte "Nein."
So ein Lügner :-)

Das Schlimmste am Tag der Geburt war, dass ich Leonie nicht sehen konnte und nur Fotos und Videos gezeigt bekam. Ich habe gefragt wie sie aussieht, welche Augenfarbe sie hat, welche Farbe ihre Haare haben usw. Es war so ein seltsames Gefühl. Ich kam mir nicht vor als hätte ich ein Kind bekommen, sondern als wäre ich wegen eines Unfalls im Krankenhaus.

Ich habe mir nie wirklich Gedanken über einen Kaiserschnitt gemacht, da ein geplanter Kaiserschnitt sowieso für mich nicht in Frage kam und bisher hatte nie etwas darauf hingedeutet, dass ich aus gesundheitlichen Gründen einen benötigen würde. Und selbst wenn, hätte ich unter normalen Umständen, bei besseren (normalen) Blutwerten, einen Kaiserschnitt mit lokaler Betäubung haben können. Ich hätte unser Baby sofort gesehen und die Geburt miterlebt.

Aber so, mit der Vollnarkose und dem Umstand, dass ich sie überhaupt nicht sehen konnte, war das ein sehr leeres Gefühl. Ich bin hochschwanger ins Krankenhaus gekommen und nach der Narkose ohne Baby im Bauch aufgewacht. Alles dazwischen und sogar das Baby, fehlte. Man kann sagen, dass es vielleicht gut war, dass es mir an diesem Tag so schlecht ging und ich fast nur schlief, sodass ich nicht wirklich viel darüber nachdenken konnte. Und ich wusste es wird sich gut um sie gekümmert und sie ist nicht allein, da mein Mann die ganze Zeit bei ihr war.

Bei der Visite wurde ich untersucht und mein Bauch abgetastet, was natürlich weh tat. Solange ich aber ruhig lag und niemand auf mir herum drückte, hatte ich kaum bis keine Schmerzen. Das lag aber an dem Scherzmittel, das ich dauernd per Infusion bekam. Abends kamen die Nachtschwestern, die wirklich ganz ganz lieb waren. Allerdings fügten die beiden mir am meisten Schmerzen zu :-P
Ich hatte geblutet und die Bettunterlage musste gewechselt werden. Ich war schwach und hatte starke Wassereinlagerungen, weshalb ich mich selbst kaum bewegen konnte. Sie halfen mir zuerst beide Beine anzuwinkeln und dann sollte ich mich nach links drehen.

Ganz ehrlich? Zu dem Zeitpunkt eine für mich unmögliche Aufgabe. Der Kaiserschnitt war ca. 16 Stunden her. Die eine Schwester packte mich plötzlich an der Hüfte und zog mich zu ihr, während die andere von hinten schob. Es schmerzte in alle Richtungen, Bauch, Rücken, überall...
Ich schrie, und zwar richtig. Laut und ohne, dass ich es hätte kontrollieren können.
Sie fragten beide etwas erschrocken wo es denn weh tun würde. Danach drehten wir mich noch auf die rechte Seite. Allerdings in meinem Tempo und ich sagte immer wieder sie sollen nicht an mir ziehen. Wegen der Schmerzen war mir danach so übel, dass ich mich fast übergeben musste. Die Schwestern kamen in regelmäßigen Abständen in mein Zimmer und sahen nach mir. Gegen Mitternacht fragte mich die eine Schwester, ob ich etwas anderes als Tee oder Wasser trinken möchte. Sie brachte mir tatsächlich heiße Schokolade in einer Schnabeltasse. Ich konnte einige Tage nicht aus einem normalen Glas trinken. Ich hätte alles verschüttet, da ich nur lag und mich nicht aufrecht hinsetzen konnte.


Am nächsten Morgen brachte mir ein Pfleger das Frühstück. Ich lag leider nicht sehr gut in dem Bett, viel zu niedrig. Ich selbst konnte mich aber auch nicht aufsetzen und ich hatte Angst davor mich bewegen zu lassen, also stellte ich das Bett so hoch wie es ging um an mein Essen zu kommen. Das essen selbst gestaltete sich trotzdem etwas schwierig, aber es ging. Mit den angeschwollenen Händen wegen den Wassereinlagerungen war es allerdings kaum möglich Besteck zu halten, geschweige denn ein Brot damit zu schmieren.

Ich fragte also per Whatsapp meinen Mann, ob er kommen könnte mir helfen. Er fragte auf der Station nach, weil offiziell noch keine Besuchszeit war. Der Pfleger kam daraufhin zu mir und meinte genervt "Sie können doch wohl alleine essen!" Ich sagte ihm ich könne mich nicht richtig hinsetzen etc. und bräuchte Hilfe. "Sie müssen jetzt aber auch mal essen, ich muss das Tablett ja irgendwann mal wegräumen.", drängelte er. Kaum war der Pfleger raus, stellte ich fest, dass ich an mein Besteck nicht alleine ran kam, weil es zu weit weg lag und er hatte gesagt ich soll jetzt essen. Mein Mann war noch nicht da, um mir zu helfen, also klingelte ich. Kaum hatte ich geklingelt kam ein Arzt um ein Ultraschall bei mir zu machen, da sie sichergehen wollten, dass ich keine Einblutungen hatte.

Der Arzt hatte gerade begonnen, da kam der Pfleger rein. "Haben Sie aus Versehen geklingelt?". "Nein, ich komme an mein Besteck nicht ran.", sagte ich. Er guckte mich schockiert an und fragte "Und deswegen klingeln Sie?", drehte sich um und ging einfach wieder raus. Wäre ich in einer besseren Verfassung gewesen, hätte ich ihn vermutlich gefragt, ob ich mein Brot mit den Fingern schmieren soll.

Zum Glück war dieser Pfleger ein absoluter Einzelfall während meiner Zeit im Krankenhaus und mir war bereits mitgeteilt worden, dass ich am selben Tag noch wahrscheinlich auf die gynäkologische Station verlegt werden würde. Da wo normalerweise alle frischgebackenen Muttis mit ihren Babys liegen.

Normalerweise...

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